Situation des Schulschwimmens in Konstanz
Wird Deutschland zu einem Land der Nichtschwimmer?
Schon vor der Corona-Krise konnten viele Kinder nicht sicher schwimmen – der Lockdown verschärft die Lage. Vereine und Lehrer blicken mit Sorge in die Zukunft.
Nun wurde beschlossen, die Traglufthalle in der Therme diesen Winter erneut nicht aufzubauen. Wird es wieder zu ähnlichen Situationen wie letztes Jahr kommen? Frierende Kinder, welche Ende September nicht in die Duschen und Umkleiden dürfen?
Jürgen Eck, Referatsleiter beim StadtSportVerband für den Schulsport und selber Sportlehrer an einer Konstanzer Schule hat sich mit einem Brief an die Fraktionen, Gemeinderat und Schulamt gewendet.
Situation des Schulschwimmens in Konstanz
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Uli Burchard,
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Dr. Andreas Osner,
Sehr geehrte Fraktionen im Konstanzer Gemeinderat,
Sehr geehrte Damen und Herren,
Im Jahr 2015 brannte das Schwaketenbad ab. Die Stadt und das Bäderamt versuchten mit Hilfe der Traglufthalle für eine Ausgleichsfläche zu sorgen. Die Rahmenbedingungen für die Schulen, vor allem für die jüngeren Schüler und hier im Besonderen für die Nichtschwimmer, sind dort, durch die durchgängig große Wassertiefe, schlecht. In Klassen mit bis zu 30 Kindern war es deshalb nicht unüblich, dass die Nichtschwimmer- die es eigentlich am Nötigsten hätten- am Rand saßen und nicht am Schwimmunterricht aktiv teilnehmen konnten. Jährlich gab es durch den Auf- und Abbau, wochenlang keinen Zugang zu einer Wasserfläche. In den Sommermonaten musste tagesaktuell entschieden werden, ob der Schwimmunterricht stattfindet, oder nicht, da man bei 16°C Außentemperatur und Dauerregen nicht mit jüngeren SuS ins Freibad kann.
Kurzum: die Bedingungen waren für alle schlecht. Die Zahl der Nichtschwimmer wuchs.
Im Schuljahr 20/21 wurde die Traglufthalle nicht aufgebaut. Diese Info erhielten die Stundenplaner so spät, dass die Pläne schon erstellt worden waren. Große Schulen legen die Schwimmgruppen parallel zu den Hallengruppen. Geht die Schwimmgruppe nicht zum Schwimmen, ist häufig keine Halle als Ausweichfläche vorhanden. Die Rotation über den Sportunterricht im Klassenzimmer war gängige Praxis. Die „ Schwimmer“ hatten nicht nur keinen Schwimmunterricht, sondern auch keinen regelmäßigen Sportunterricht. Um dies zu umgehen, wurden teilweise die Stundenpläne geändert.
Im Frühjahr 21 erfuhren die Schulen von der Öffnung der Therme über den Südkurier. Die Öffnung verzögerte sich, da noch Fliesen erneuert werden mussten. 6 Wochentage vor der Öffnung kam dann das Anschreiben des Bäderamtes. Das Angebot in den verbleibenden 6 Schulwochen zum Schwimmen zu gehen, konnten nicht alle Schule annehmen, da – wie schon gesagt- teilweise die Stundepläne geändert wurden. Schwimmgruppen hatten in den Schwimmzeiten gar keinen Sportunterricht mehr, oder die unterrichtenden Lehrer wurden an anderer Stelle eingesetzt. Wegen 6 Wochen konnte dies teilweise nicht mehr umorganisiert werden.
Der Nicht-Aufbau der Traglufthalle im kommenden Winter wurde erneut über den Südkurier kommuniziert. Diese Entscheidung bedeutet für viele SuS ein weiteres Jahr ohne Schwimmunterricht. Dank der lokalen Presse sind die Stundenplaner jetzt in der Lage die Pläne besser zu erstellen, sodass der „ Klassenzimmersport“ entfällt. Dies ist allerdings nur zu gewährleisten, wenn genügend Hallenkapazitäten zur Verfügung stehen. Im Falle der GSS , die pro Woche 15 Schwimmgruppen mit ungefähr 300 SuS hat, bedeutet dies ein Mehrbedarf von 30 Unterrichtsstunden , oder eine Dreifachhalle an einem kompletten Schultag.
Wenn es der Stadt Konstanz wirklich wichtig ist, dass die Kinder schwimmen lernen, dann muss dafür gesorgt werden, dass möglichst viele SuS Schwimmunterricht erhalten. Durch die geschilderten Umstände haben wir eine „ Bugwelle“ von Nichtschwimmern auch in den höheren Klassen, da wir nicht in der Lage waren, diese entsprechend zu beschulen. Durch die angebotenen Wasserflächen im Rheinstrandbad sind wir als Schule nicht in der Lage unseren Bildungsauftrag zu erfüllen. Weitere Jahrgänge werden nicht schwimmen lernen.
Es ist durchaus nachvollziehbar, dass der Aufbau der Traglufthalle nicht wirtschaftlich ist. Selbst vor dem Hintergrund , dass die Schulen durch die Masse an SuS einen bedeutenden und einplanbaren Anteil an der Statistik und dem Umsatz der Bäder machen. Das Schulamt bezahlt für jeden SuS Einzeleintritt Erwachsene Preise.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Eck
Schulsportreferent im Stadtsportverband Konstanz